Anschauungen
- I -
Bei uns
...Im Stall
Zart Händchen streicht Wänglein,
...Kleins Kälbchen stupst Kätzchen,
Feinsliebchen, Kußmäulchen,
...Nußäuglein, Glänzschnäutzlein,
kost Bäuchlein im Bettchen.
...leckt Fellchen im Ställchen.
Nicht streiten, kurz Röckchen,
...Nicht kratzen, Milchtätzchen,
nicht wehren, schwarz Löckchen,
...nicht fauchen, Rotnäslein,
süß gurren, mein Täubchen!
...leis schnurren, Naßöhrchen!
- II -
Bei uns
... Im Stall
Schwarzer Röcke Prozession
... Dumpfer Leiber dröges Fleisch
murmelt die Lippen, schwöret Gebete,
... malmet die Kiefer, blähet die Lungen,
weihrauchgeschwängerte, dösende Menge
... schnaubet den Atem in rauchenden Schwaden,
steht Demut an Demut in drangvoller Enge,
... läßt gurgelnde Brühe und gärende Fladen,
davor am Altare in Gottes Ornat:
... stampft schmatzende Hufe im faulen Morast:
's sind Pfaffen und Priester in schwerem Brokat.
...'s sind Rindviech und Ochsen in schläfriger Mast.
r.obert - 25. Dez, 13:03
Gesetzt der Fall, dein Körper bleibt
die höchste Stufe der Vollendung,
nicht Krankheit, Alter, Tod entleibt
dein Sein in häßlicher Verschwendung.
Welch Schicksal wünschst du dir alsbald,
wenn Langeweil und Einsamkeit
das Schöne tilgen im Gehalt
des Lebens, und niemand heilt dein Leid?
Welch teuflich Lust mußt mann empfinden,
die eig’ne Keimbahn aufzuspalten,
sein heldisch’ Sperma zu entbinden,
das ICH im Genotyp zu falten.
Von grauen Bärten feuchte Gabe,
des eitlen Ärztewahnsinns Ware,
sie starrt im kelvinkühlen Grabe
nicht hundert, nein für tausend Jahre.
Was alles muß geschehen sein? –
Längst mißt man keine Jahre mehr,
die Sonne streicht die Erde ein
und brennt den roten Himmel leer.
Dein Zeitraumschiff führt Daten mit,
hält bleiern, was du bist und weißt,
unsterblich wachst du, Bit für Bit,
für Ewigkeiten eingeschweißt.
(Erläuterungen hierzu: Die Human Genome Organization hat als erste das menschliche Genom entschlüsselt. Dem Gedicht liegt die Vorstellung von einem Medizin-Wissenschaftler zugrunde, dem es gelingt, die eigene Erbinformation (sein Genom aus seinem Samen; das ist der Genotyp) und seine in seinem Körper (das ist der Phänotyp) abgelegten Erfahrungen zu kodifizieren und digital abzuspeichern, dann, in einem Bleigefäß gegen Strahlung geschützt, per Raumschiff von der Erde zu entfernen, dies in der Hoffnung alles irgendwann einmal wieder dekodieren zu können, um sich selbst dann identisch neu zu erschaffen. Irgendwann heißt in so fernen Zeiten, daß zwischenzeitlich die Sonne sich aufblähen konnte und ihr Radius dem Radius der Erdbahn entspricht. Dann ist der Erdenhorizont verbrannt und die Erde wird in die Sonne stürzen.)
r.obert - 25. Dez, 13:00
Im Wünschen...
...beliebt...
In Herzklopfens Rauneraum Staunezeit schweben,
kein Drängen, kein Reiben, nur Fülle erleben,
beglücket bisher alle Wünsche mit Gnade;
es gibt nur den einen: so lebe gerade
...berauscht...
Verwegensten Taten, unschätzbaren Reichen
zerglitzernde Augen gereichen
dem Mut nach berauschendem Weine
in Elfentanz-lüsternem Haine.
...beglückt...
Den Schritten des Glückes erwachsen die Wege
im Sumpf der Orakel vorauseilend’ Stege,
umschließende Ordnung für Wünsche und Glauben –
ein fröhlicher Gaukler wird alles erlauben !
...bezaubert...
Ein Zaub’rer will sein, der berechtigt,
ein Magier, der leichthin ermächtigt
zu eitelster Wünsche Berührung –
dämonisch gewährende Führung !
...bestrebt...
Der Wünsche Erfüllung, aus Arbeit ergeben
– Muskelspannung, Schweiß und heiße Atmung
dampft die Reibung enger Spalten Pressung –
dies leiste alltäglich in frischem Bestreben !
...sein.
r.obert - 25. Dez, 12:49
Lange
so ver-rückt gewesen.
Krank.
Zuviel gemußt, nichts gewußt und viel erfahren.
Endlich reif sein.
Weise wissend
in mir ruhend,
ruhig.
Was wird sein?
Täglich neuer werden,
Schmetterling, Freude schmetternd,
Falter, Ent-falter,
jauchzend ob des neuen Lebens.
r.obert - 25. Dez, 09:38